Die unsichtbare Maschine: KI und ihre ökologische Last
Künstliche Intelligenz erscheint immateriell, doch ihr ökologischer Fußabdruck ist gewaltig. Hinter der unsichtbaren Maschine verbergen sich Energiehunger, Ressourcenabbau und planetare Kosten.
KI wird als „immateriell“ verkauft – Code, Modelle, Intelligenz. Doch ihre Infrastruktur ist alles andere als unsichtbar. Hinter jeder Chat-Eingabe stehen Serverparks, die Gigawatt verschlingen und Millionen Liter Wasser verdampfen. Was als Zukunftstechnologie gefeiert wird, erweist sich als klassische Extraktionsökonomie – nur diesmal nicht im Bergbau, sondern im Digitalen.
Die Unsichtbarkeit der Infrastruktur
Der Diskurs über KI abstrahiert von ihrer materiellen Grundlage. „Prompt in, Wissen out“ – so lautet die Erzählung. Doch jeder einzelne Prompt frisst Strom und Wasser. Google spricht von „fünf Tropfen Wasser pro Anfrage“ – eine Zahl, die so klein wirkt, dass sie die Realität verschleiert. Die Realität ist: Milliarden Anfragen multiplizieren sich zu gigantischen Lasten. Hier zeigt sich ein Narrativ: Effizienz als Beruhigung, Wachstum als unsichtbarer Kostenfaktor.
Wasser ist das neue CO₂
Der eigentliche Konflikt ist nicht nur Energie, sondern Wasser. Rechenzentren kühlen ihre Chips mit Trinkwasser – und konkurrieren damit mit Städten und Landwirtschaft. Studien schätzen allein in den USA über 200 Milliarden Gallonen indirekten Wasserverbrauch für die Stromerzeugung. Die Metapher ist fast biblisch: Wasser, Quelle des Lebens, wird in Dampf verwandelt, um Maschinen zum Denken zu bringen.
Kapitalismus der Wolken
„Cloud“ ist das schönste Euphemismuswort des 21. Jahrhunderts. In Wahrheit sind es Zementhallen voller Server, versorgt durch Kohle, Gas, Windparks, Stauseen. Die Cloud ist kein Himmel, sondern Industrie. KI wird so zur Fortsetzung des Kapitalismus mit anderen Mitteln: mehr Extraktion, mehr Externalisierung, mehr Unsichtbarkeit.
Regulierung und Wahrheitspflicht
Die EU hat mit der neuen Energieeffizienzrichtlinie erstmals Berichtspflichten eingeführt. Zum ersten Mal müssen Rechenzentren offenlegen, wie viel Strom, Wasser und Abwärme sie wirklich verbrauchen. Das könnte ein Wendepunkt sein: Transparenz zwingt zum Eingeständnis, dass die schöne Erzählung vom „sauberen digitalen Fortschritt“ nicht trägt.
Die Metaphysik der Maschine
Die ökologische Wahrheit der KI ist nicht Nebensache, sie ist ihr Fundament. Wer von „künstlicher Intelligenz“ spricht, darf nicht vom Strom schweigen, der sie antreibt, und vom Wasser, das sie verdunstet. Philosophie nennt man die Suche nach dem, was trägt. Im Fall der KI ist es das Paradox: eine Technologie, die uns vom Materiellen erlösen soll, und doch tiefer denn je in Ressourcen und Grenzen der Erde verwurzelt ist.
Summary in English:
AI is not immaterial. It consumes vast amounts of water and power, hidden behind the metaphor of the “cloud.” This essay explores how invisible infrastructures fuel capitalism and ecological crisis.
Quellen
- Ren et al. (2023): Making AI Less Thirsty – Grundsatzstudie zu Wasserverbrauch von KI.
- IEA (2025): Electricity 2025 – Prognosen zum globalen Strombedarf von Rechenzentren.
- The Verge (2025): Google says AI uses just five drops of water per prompt – Kritik am „5-Tropfen-Narrativ“.
- LBNL (2024): Water Footprint of US Data Centers – Studie zum direkten und indirekten Wasserverbrauch.
- EU (2024): Energy Efficiency Directive – Data Center Reporting – Berichtspflichten für Rechenzentren.